Reaktivierung innerstädtischen Leerstands: Vier Schritte zu lebendigeren Innenstädten

Und jetzt eine Pause im Gender-Content 😉

Wie reaktivieren wir leerstehende Gebäude, zum Beispiel in Innenstädten? Und warum sind diese Räume unattraktiv geworden?

Leider, ab einem bestimmten Zeitpunkt wird Leerstand zu einer Abwärtsspirale. Wenn es in der Innenstadt nichts mehr zu besuchen gibt, warum sollte ich dorthin gehen? Und so haben die verbleibenden Geschäfte, die sich gehalten haben, irgendwann einfach nicht mehr genug Laufkundschaft. Und natürlich hat die zunehmende Verlagerung zum Online-Shopping, die durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft wurde, nicht geholfen.

Die Wiederbelebung unserer Innenstädte bedeutet, darüber nachzudenken, wofür unsere Innenstädte da sind. Sind es nur Konsum- und Durchgangsräume oder auch Orte der Begegnung, der Erholung, ja sogar des Sports?

Und es bedeutet auch, Nutzer*innengruppen aus einer differenzierten Perspektive zu betrachten: ihre Bedürfnisse, Vorlieben und Gründe, Räume aufzusuchen oder zu meiden. Zum Beispiel…

  • Wer entscheidet, ob Jugendliche lästig sind und wie schaffen wir in unseren Innenstädten Orte, die junge Menschen willkommen heißen und ihnen sich zugeschnittene und attraktive Bereiche bieten?
  • Wie machen wir Innenstädte attraktiv und zugänglich für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Kinderwagen, Paketen oder Rollatoren?
  • Wie fördern wir positive Verhaltensweisen wie den Fahrradverkehr und machen es den Menschen leicht, das Auto zu Hause zu lassen, oder machen es zur logischsten und einfachsten Wahl, kohlenstoffarme Transportmöglichkeiten zu nutzen?

Um unsere Innenstädte zu beleben, müssen wir Menschen anziehen, und das bedeutet, wir brauchen eine kritische Mindestmasse. Dies ist wichtig für die Verankerung kommerzieller Interessen, aber auch für Gefühle der Lebendigkeit und der subjektiven Sicherheit.

Die Dortmunder Fußgängerzone brummt an einem sonnigen Frühlingstag.

Das bedeutet, dass wir mit Sichtbarkeitsmaßnahmen beginnen müssen – Begeisterung erzeugen, Interesse wecken, ein Ziel schaffen und mit Veranstaltungen und lokalen Akteuren in Kontakt treten, die nach günstigen Flächen suchen.

Die Freiraumgalerie in Halle (Saale) schafft visuelle Aufmerksamkeit durch großformatige Street Art.

Es ist wichtig, diese Aktivität dann durch Pioniernutzungen aufrechtzuerhalten. Traditionelle kommerzielle Interessen werden auf dem geringen Passantenverkehr nicht überleben können und werden risikoscheu sein, in einen Raum zu investieren, der sich noch im Wandel befindet. Dies ist die perfekte Gelegenheit, Akteuren der Kultur- und Kreativwirtschaft und experimentelleren Pioniernutzungen Raum zu bieten. Denn, wie Jane Jacobs sagte: „Neue Ideen brauchen alte Gebäude“ oder genauer gesagt, sie brauchen unerwünschte und damit preiswerte Immobilien. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Kreativquartier in München.

An dieser Stelle ist es entscheidend, die Zusammenarbeit mit der Kreativwirtschaft nicht nur als vorübergehende Wiederbelebung zu betrachten, sondern vielmehr als dauerhafteren Weg, die Kreativwirtschaft in Ihrer Innenstadt zu verankern. Denn eine kleinräumige Nutzungs-, Nutzer- und Branchenvielfalt sichert langfristige Nachhaltigkeit und schafft mehr Widerstandsfähigkeit gegenüber Schocks.

Lokale Hubs und Inkubatoren können eine gute Möglichkeit sein, ein dauerhafteres Ökosystem für Kreativität und Start-up-Kultur zu schaffen, wie dieses zusätzliche Beispiel in München, ein Kreativladen im Erdgeschoss des Gebäudes, in dem sich der städtisch finanzierte Inkubator für Kreativwirtschaft befindet.

Jetzt ist der Moment, um mit einer Standortanalysezu beginnen. Was haben diese Maßnahmen gebracht? Was war ihre Wirkung? Es ist wichtig, sowohl qualitative als auch quantitative Daten für eine Vielzahl von Benutzer*innengruppen zu sammeln. Beobachten Sie, wie viele welcher Arten von Nutzer*innengruppen im Tagesverlauf und an verschiedenen Wochentagen präsent sind und fragen Sie sie nach ihrer Meinung. Was mögen sie oder was nicht? Was fehlt? Welche Themen müssen noch angegangen werden (z. B. öffentliche Infrastruktur)? Was macht den Raum attraktiv oder nicht? Was könnte es attraktiver machen?

Schauen Sie sich auch den öffentlichen Raum an. Gibt es genügend Sitzmöglichkeiten? Gibt es Grün? Ist die Umgebung für die zu revitalisierenden Gebäude attraktiv?

Ein Pocket Park abseits der Hauptfußgängerzone in Dortmund bietet Sitzgelegenheiten und kreative Spielmöglichkeiten für Kleinkinder.

Schließlich kann die Wirtschaftsförderung beginnen, sich in Richtung einer schrittweisen und gemischten Nutzungsverlagerung zu bewegen. Wie lange es dauert, bis zu diesem Punkt zu gelangen, hängt ganz von den Besonderheiten des Standorts und der/den vorangegangenen Intervention(en) ab.

Ich liebe das Thema Revitalisierung und die Art und Weise, wie es sich auch mit meinen anderen Spezialgebieten wie Urban Commons und Diversity and Inclusion überschneidet. Wenn Sie mehr über meine Arbeit zum Thema lesen möchten, schauen Sie sich mein Projekt für den German Marshall Fund zur Reaktivierung leerstehender Gebäude an, wo ich auf noch mehr Beispiele aus Deutschland und den USA eingehe.

Und wenn ihr noch mehr wollt, schaut euch die Arbeit meiner lieben Freunde im ZwischenZeitZentrale in Bremen an.

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